Besorgniserregende Ergebnisse brachte eine umfangreiche Testaktion des BUND Niedersachsen zutage. Im April wurden zahlreiche, als „bienenfreundlich“ deklarierte Pflanzen in Baumärkten, Supermärkten und Gartencentern in Niedersachsen auf Pestizide untersucht. Niedersächsische BUND-Gruppen sammelten 85 Pflanzenproben in 43 Geschäften ein. Darunter auch die BUND Kreisgruppe Göttingen, die 3 Proben in ihrer Region kaufte: Die Befunde sind alarmierend!
- 16 verschiedene Fungizide, Insektizide und weitere Pestizide wurden nachgewiesen.
- Je Pflanzenprobe wurden etwa 8 verschiedene Wirkstoffe entdeckt.
- Es wurden mehrere Wirkstoffe mit möglicherweise krebserregender oder genetischschädigender sowie hormonell beeinflussender Wirkung nachgewiesen!
Die Kreisgruppe kritisiert den massiv erhöhten Einsatz von gefährlichen Pestiziden, der nicht nur Insekten, sondern auch die menschliche Gesundheit gefährden kann!
Ricarda Prüßner, Geschäftsstellenleiterin der BUND Kreisgruppe Göttingen führt aus: „Alle Göttinger Proben enthielten Pestizide! Sogar mehr als im Durchschnitt aller getesteten Pflanzenproben.“ Dabei wurden PFAs nachgewiesen, sowie Wirkstoffe die teilweise als „hochgefährlich für Bestäuber“ einzustufen sind und ein Wirkstoff, der nicht einmal zugelassen ist! „Die Ergebnisse zeigen ganz klar: Wir brauchen strengere Kontrollen von Lieferanten und Produzenten. Was „bienenfreundlich“ genannt wird muss auch bienenfreundliche sein!“, schließt Prüßner.
Blühpflanzen bienenfreundlich?
Der BUND kritisiert, dass im Gartenbau oftmals viel zu viele Pestizide eingesetzt werden, die zudem hochgiftig für Bestäuber sind. Lediglich 3 von niedersachsenweit 85 Proben wiesen keine Pestizidrückstände auf. Zudem ist der Begriff „bienenfreundlich“ nicht geschützt, wodurch Verbraucher*innen getäuscht werden können. Anstatt Insekten etwas Gutes zu tun, schadet man ihnen sogar durch den Kauf stark belasteter, aber als „bienenfreundlich“ deklarierter Blühpflanzen.
In 33 Fällen wurden sogar Stoffe nachgewiesen, die das Potenzial haben, beim Menschen möglicherweise Krebs auszulösen oder Fruchtbarkeit und Erbgut zu schädigen, wie etwa Didecyldimethylammoniumchlorid und Propiconazol. So auch bei einer der Göttinger Proben! Nicht nur Zierpflanzen wiesen teils auffallend erhöhte Pestizidwerte auf, sondern auch Küchenkräuter, wie Rosmarin und Bohnenkraut. Darüber hinaus können Pestizidrückstände in unser Grundwasser gelangen und somit in den natürlichen Wasserkreislauf eindringen – mit dem Risiko, am Ende wieder in unserer Nahrung zu landen.
Dr. Bernd Alt, Pestizidzuständiger BUND Hannover: „Obwohl Pestizide für die Verbraucherinnen unsichtbar sind, haben sie einen direkten Einfluss auf unsere Gesundheit. Pestizide tragen zum weltweiten Artensterben bei, was langfristig durch fehlende Insekten unsere Ernährungssicherheit bedroht. Zudem stehen sie im Verdacht, schwerwiegende Krankheiten auszulösen. Besonders betroffen sind hierbei Landwirtinnen, die im direkten Kontakt mit Pestiziden arbeiten und dadurch ein erhöhtes Risiko haben, zum Beispiel an Parkinson zu erkranken.“
Kritisch sieht der BUND auch, dass die im Rahmen der Testaktion befragten Verkaufsstellen kaum Kenntnis über die Kulturmethoden ihrer Lieferbetriebe hatten. Nur wenn die Handelsstellen Verantwortung übernehmen und ihren Zulieferern konsequent strengeren Kontrollen unterziehen, können Gesundheit und Umwelt vor giftigen Pestiziden geschützt werden.
Hintergrund:
Im Rahmen der Testaktion wurden in verschiedenen Städten und Landkreisen in Niedersachsen, unter anderem in Hannover, Celle, Lüneburg, Göttingen, Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Holzminden, Vechta, Rotenburg, Wolfenbüttel, Stade, Osterholz und Salzgitter Pflanzenproben in verschiedenen Gartencentern, Baumärkten und Supermärkten gekauft und anschließend zentral in einem Speziallabor auf Pestizidrückstände analysiert. Der Fokus lag auf als „bienenfreundlich“ etikettierten Pflanzen. Alle Proben wurden mittels eines Multitests untersucht, der rund 600 Einzelsubstanzen erfasst. Die Auswertung erfolgte unter Nutzung des Ökotox-Index, der die Giftwirkung auf unterschiedliche Arten von Organismen in Luft, Wasser und Boden sowie die Schädlichkeit für Menschen, Boden und Gewässerpersistenz berücksichtigt.
Bei Rückfragen:
Geschäftsstelle BUND Kreisgruppe Göttingen, mail@bund-goettingen.de
Dr. Bernd Alt, Pestizidzuständiger BUND Hannover
Jakob Grabow-Klucken, Bienenexperte, BUND Niedersachsen
BUND-Pressestelle BUND Niedersachsen